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Montag, 11. Dezember 2017

Sammys wauschönes Weihnachtsabenteuer - Kapitel 9



9. Begegnung mit Zwerg nicht ausgeschlossen 



Urwi und Sammy schlenderten zu ihrem Reisegefährt zurück.
"Wir haben noch einige Zeit, bis wir Emmy besuchen können. Wenn du möchtest, alter Freund, machen wir eine kleine Rundreise, und du wirst noch etwas mehr über die Weihnachtswelt erfahren."
Sammy wedelte aufgeregt und freudig mit dem Schwanz.
"Das wäre wunderbar!" rief er aus. "Aber ich könnte einen kleinen Happen vertragen..." fügte er hinzu.
Urwi lachte lauthals.
"Unterwegs legen wir Rast in meinem Lieblingslokal ein, alter Freund. Dort werden wir gut versorgt, ich bin mir sicher, das ist was für dich!"
Sie machten es sich im Schlitten bequem, Urwi zupfte sich seine Decke über die Beine, griff nach dem magischen Staub, und los ging die Fahrt. Diesmal allerdings schwebten sie nicht, wie bei ihrer Hinreise ins Printendorf, seicht über dem Boden dahin, sondern flogen straks hinauf zum Firmament. Sammy wurde einen kurzen Moment wieder flau, doch nach einigen Minuten legte sich das mulmige Gefühl und er genoss den Ausblick, während alles unter ihnen immer kleiner wurde.

Hoch, sehr hoch oben fuhren sie dahin, und Sammy bestaunte den Anblick dieser wunderschönen Welt. Hier gab es riesige Bergketten, endlos scheinende Wälder, grünende Wiesen, blühende Städte, gemütliche Dörfer, weite Eismeere und eindrucksvolle Sumpfgebiete. Sammy legte die Vorderpfoten auf die Schlittenstange und lehnte sich so weit wie es ihm möglich war nach vorne, um alles erspähen zu können. Er sog den klaren, frischen Duft der Luft ein, und genoss den Rundflug über diese unglaublich schöne, fantastische Welt in vollen Zügen.
Die seichten und doch wärmenden Strahlen der mittäglichen Sonne wärmten sein Fell, und er kam nicht umhin, zwischendurch spielerisch die Zunge heraushängen zu lassen. Er streckte den Kopf in den sanften Fahrtwind und ließ seine Ohren flattern. Immer wieder musste er leise lachen, denn es kitzelte so schön an seiner Nase.
Urwi erklärte ihm, das in den Bergen, dem Drachengebirge, die - wie der Name schon verhieß - Drachen lebten. Emmy verteile jedes Jahr an Heiligabend ihre kurz vor dem Schlüpfen stehenden Eier in die verschiedenen Gebiete der Weihnachtswelt. Manche Drachen würden in Sümpfen, andere in den Bergen, wieder andere in den Wäldern schlüpfen. Aus diesem Grund haben manche Drachen grünes Fell (diese werden in den Wiesen- und Waldgebieten geboren), andere seien silbern (Bergdrachen), und wieder andere hell- oder dunkelbrauner Zeichnung, die in den Sümpfen schlüpften.
"Aber Genaueres wird dir sicher Emmy gerne erzählen," fügte er hinzu.

Zum Abschluss ihres Rundfluges machte Urwi in 'St. Nikistadt' Halt.
"Das beste Restaurant, du wirst es sehen, mein strubbeliger Freund!" lachte Urwi und fuhr heiter durch Sammys zerzausten Pelz. "Die besten Würstchen, die du dir nur wünschen kannst!"
"Noch besser als die bei Niki?" fragte Sammy erstaunt und zog eine Augenbraue hoch. Eine Geste, die er selten machte, doch hier schien sie ihm angebracht.
"Einen Tick besser, einen Tick. Jedenfalls für meinen Geschmack." Sprach's und nickte bestätigend.
Nicht weit ihrer Parkgelegenheit - auf einem offensichtlich öffentlichen Parkplatz, denn hier standen allerhand Schlitten herum, sodass Sammy sich im ersten Moment fragte, wie sie ihren Schlitten je wiederfinden sollten - bogen sie in eine schmale Gasse. Ganz offenkundig war dies hier eine richtige Stadt, nicht ein Dorf wie das der Wichtel oder Printen. Es herrschte geschäftiges Treiben auf den Straßen, alle zwar schmal und verwinkelt, gewunden und buckelig, aber doch ein wenig mit der Hektik seines Zuhauses zu vergleichen. Die Häuser waren vornehmlich aus Lehm und Backsteinen, einige waren windschiefe Fachwerkgebäude, viele hatten bunte Türen mit kleinen Glocken darüber und farbenfrohe Fensterläden. Aber auch nahezu bombastische Bauwerke mit feinen Stuckarbeiten taten sich vor Sammys überraschten Augen auf: wie Kirchen oder schon Kathedralen muteten sie an.
"Das sind öffentliche Treffpunkte für die jeweiligen Gemeinden der hier Ansässigen," erklärte Urwi, als er Sammys Blick sah. "Ein Mal in der Woche trifft man sich hier, um sich zu einem Umtrunk zusammenzufinden und alles zu besprechen. Über Städte wie diese werden die Im- und Exporte abgewickelt, somit lebt hier die Wirtschaft der Weihnachtswelt. Wir habe große Binnenhäfen, auf denen der Hauptverkehr abgewickelt wird. Immerhin backen die Printen nicht nur für unser Weihnachtsdorf, sondern auch für den Rest der Welt. Das will verschickt werden, und soetwas wird hier besprochen."
"Ihr habt Schiffe?" fragte Sammy erstaunt.
Lachend antwortete Urwi: "Aber nein, alter Freund, wir liefern mit Schlitten aus! Lege die Gewohnheiten der Menschenwelt ab, hier läuft alles ein wenig anders!" Er zwinkerte.
Am Ende der Gasse auf der rechten Seite standen sie schließlich vor einer höchst krummen und sehr kleinen Tür. Das Haus, in das diese Tür Einlass gewährte, war überhaupt sehr schief, es wirkte wie eingesunken.
"Die Tür war mal größer," Urwi zeigte Sammy, das das ganze Haus abschüssig war, indem er mit der Hand gen Boden fuhr. "Es gab einen kleinen Erdrutsch - Ruck machte es - und dieses Haus sank ein Stückchen nach unten." Sammy folgte Urwis Handbewegung und konnte tatsächlich noch Reste der rötlichen Tür im Stein stecken sehen. "Scheint für noch kleinere Leute als uns Wichtel gemacht, ist es aber nicht." Urwi zwinkerte lachend.
Innen war es urig, uriger noch als bei Auwi. Alles war sehr alt und speckig, das Holz der Möbel fast schwarz vom Alter, glänzend und rustikal. Die Tische und Stühle standen dicht an dicht, der Kamin im hinteren Teil des Lokals loderte matt aber wild, einige Schränke mit Büchern und Brettspielen konnte man im dämmrigen Licht erkennen. Die Theke war vollends besetzt, jeder Hocker belegt.
Urwi bedeutete Sammy, er solle kurz warten, damit er sich zum Wirt durchwühlen könne. Es herrschte Hochbetrieb. So viele Leute auf einem Haufen hatte Sammy schon sehr lange nicht mehr gesehen - schon gar nicht in den beiden Dörfern, die er bisher hier im Weihnachtsland hatte kennenlernen können. Er beobachtete die Wichtel, die sich Schulter an Schulter tummelten: einige tranken oder aßen, andere saßen in kleinen Gruppen an zusammengestellten Tischen und spielten Würfel- oder Brettspiele, auch eine Musiktruppe gab es. Sie standen linksseitig der Theke auf einer kleinen Bühne, kaum eine Handbreit hoch, und musizierten munter drauf los. Es gab einen Akkordeonspieler, der mit geschlossenen Augen lächelnd quetschte, und eine Klavierspielerin, die energiegeladen die Tasten zum Klingen brachte. Ein wenig schief zur Trompete und der Gitarre sang ein sehr dicker Wichtel wohl gängige Hits, denn viele der Anwesenden sangen scheinbar gedankenverloren mit oder wiegten die Köpfe im Rythmus, klopften mit den Fingern oder Füßen zur Melodie.
"So, folge mir, Sammy. Ich habe uns meinen Stammplatz organisiert," sagte Urwi unvermittelt. Sammy hatte ihn in dem Getümmel gar nicht bemerkt.

Sie nahmen ihren Platz in einer Art Separee ein, das sie durch einen sehr niedrigen, schmalen Gang erreichten. Ein dicker, samtener Vorhang trennte diesen Teil des Lokals vom übrigen Bereich ab, und man konnte die turbulenten Geräusche kaum noch hören. Dennoch herrschte auch hier viel Betrieb, allerdings standen die Sitzgelegenheiten weiter voneinander entfernt, man hatte mehr Platz, und hier machte sich doch eher die Ruhe breit. Die Anwesenden unterhielten sich leise, ruhig, nicht so aufgekratzt wie im vorderen Teil der Wirtschaft.
"Darf ich dir Sammy vorstellen?" sagte Urwi und kraulte Sammys Ohr. "Sammy, das ist mein lieber Freund Gundar. Ihm gehört die Gaststätte und er ist auch der Meisterkoch dieser Gegend!"
Gundar reichte Sammy die Hand. Er war zwar klein, doch mehr als einen Kopf größer als Urwi. Gundar aber war kräftig, breit geradezu, mit einem Bart, der fast bis auf den Boden reichte. Sein kupferrotes Kopfhaar stand in alle Richtungen ab, und seine Augenbrauen waren dicht und buschig.
"Gundar ist kein Wichtel," lachte Urwi. Auch Gundar lachte lauthals.
"Ich bin ein Zwerg," sagte Gundar mit einer erstaunlich tiefen, an einen Bass erinnernden Stimme.
"Ein Zwerg?!" entfuhr es Sammy überrascht. "Ein echter Zwerg!" sagte er und wedelte. Er war versucht, Gundars Gesicht abzuschlecken, beschränkte sich dann jedoch auf eine andere Begrüßung. So stupste er ihm mit der Nase gegen die Schulter und rieb kurz seine Wange gegen die des Zwerges. Dieser wiederum schien hocherfreut, denn er griff nach den Pfoten des Hundes und zog ihn an sich, wühlte mit den beachtlichen Händen durch sein Fell und fuhr dann verblüffend zart über seine Ohren.
"So," räusperte sich Gundar schließlich, "ihr habt also Bärenhunger?"
Urwi und Sammy nickten gleichzeitig.
"Dann nehmt mal hier Platz, ich werde euch gleich etwas ganz Hervorragendes servieren. Zufälligerweise habe ich heute etwas ganz Besonders im Ofen. Als hätte ich es geahnt!" Er kicherte. "Und, sofern es euch nichts ausmacht, möchte ich mich doch ein wenig zu euch gesellen und mit euch speisen."
Sammy war erfreut. Nicht allein die Aussicht auf einen schmackhaften Bissen unterwegs ließ ihn seine Freude kaum noch zügeln können, auch das er einen echten Zwerg - von denen er niemals gedacht hätte, das es sie wirklich gab! - kennenlernen konnte, steigerte seine Hochstimmung ins schier Endlose.

Gundar hatte nicht übertrieben, denn das Essen, das er seinen unerwarteten Gästen servierte, war ein Festschmaus. Da die Tische hier sehr niedrig waren (klein - ein Wort, das Sammy mittlerweile gerne vermeiden wollte, da in dieser Welt doch wohl alles entweder sehr klein oder enorm groß schien), konnte Sammy gemütlich auf dem Boden sitzen, auf den Gundar ihm weiche Kissen legte. Die Kälte, die nach oben kroch, war für Sammys Geschmack doch ein wenig zu aufdringlich.
Mit großen Bissen aßen sie die appetitliche Mahlzeit. Wieder ein unerwarteter Geschmack, herb und bitter, doch mit süßem Nachklang, der auf Sammys Zunge tanzte. Für ihn selbst unerwartet fragte er:
"Ich habe gestern mit Niki bei Auwi einen herrlich schmeckenden Schlummertrunk zu mir genommen. Gibt es den hier auch?"
Die beiden alten Freunde sahen sich überrascht an, dann lachten sie schallend.
"Na, da hat Niki dir was Gutes mit getan!" rief Gundar lachend aus. "Da wir jederzeit mit einem Besuch von unserem Großen rechnen, gibt es den hier natürlich auch! Und anhand deines Gesichtsausdruckes fällt es leicht zu erraten, das du gerne einen Schluck dieser Köstlichkeit genießen möchtest?!"
"Oh ja, bitte!" sagte Sammy wedelnd. "Nach so einem ausgezeichneten Essen möchte ich zu gerne einen Schluck davon trinken."
"Sehr gerne, mein Herr," zwinkerte Gundar.
Als Gundar mit einer bauchigen, großen Kanne der gelblichen, sehmigen, dampfenden Flüssigkeit zurückkehrte, sich - die drei tönernen Tassen abstellend - wieder niederließ, sagte er:
"Hat Urwi dir denn erzählt, das es hier Zwerge gibt?"
"Nein," seufzte Sammy, "noch nicht. Aber ich bin auch erst einen Tag hier, eine Nacht, um genau zu sein. Und er hat mir schon so viel gezeigt. Aber das ich einen echten Zwerg treffe... !" Er wusste nicht, wie er den Satz vollenden sollte, doch Gundar und Urwi verstanden, wie glücklich Sammy sich fühlte.
"Ja, sagte Gundar, wir Zwerge sind ein altes Völkchen hier auf der Weihnachtswelt. Allerdings kamen wir als letzte her, nach den Wichteln."
"Oh," sagte Sammy. Er nahm einen großen Schluck des Schlummertrunks - der hier als 'Nikischluck' oder 'Kleiner Niki' oder auch 'Nikis Sandmann' bekannt war - und berichtete ihm, das Niki ihm seinen Baum gezeigt habe, und das Kalle, das Printenmännchen, ihm das Leben der Printen erklärt habe. Nun solle Gundar ihm ein wenig über die Zwerge verraten. Gundar hatte Sammy sofort ins Herz geschlossen. Seine Augen waren warm und voller Freude, als Sammy ihn so wissbegierig ansah.

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