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Samstag, 2. Dezember 2017

Sammys wauschönes Weihnachtsabenteuer - Kapitel 2



2. Ein seltsam alter Besucher



Sammy hatte sich auf den Rasen gelegt, der sich neben dem Parkplatz befand. Er wollte hier warten, bis seine Familie zurückkehrte. Sie würden als erstes hier nach ihm sehen, das wusste er. Er war traurig. Er hatte Hunger, aber das war ihm gleich. Er schloss die Augen, nur für ein paar Sekunden, dann musste er sie wieder öffnen, denn vor seinem geistigen Auge sah er Jeff, wie er auf ihn zurannte und ihn umarmen wollte. Aber Jeff kam nicht. Und auch sonst niemand seiner Familie. Sammy seufzte schwer und legte den Kopf auf die Pfoten.
Die Kälte und Dunkelheit der hereinbrechenden Nacht wurde ganz plötzlich von einem hellen, warmen Funkeln und einem sanften, aber markanten Klingeln durchbrochen.
Sammy schoss in die Höhe: da war es wieder! Er hatte danach gesucht, aber es war einfach verschwunden. Und jetzt tauchte es aufeinmal wieder auf. Sammy wedelte mit dem Schwanz, als er das Glitzern erspähte. Ganz in seiner Nähe, nicht sehr weit über seinem Kopf, schien etwas zu schweben. Das Flimmern wurde schneller und schneller, wurde zu einem Strahlen, und der leise Klang zu einem Gewirr und Gesang von zahllosen kleinen Glöckchen. Sammy starrte an den nachtblauen Himmel und war wieder - wie viele Stunden zuvor schon - fasziniert und wie in einer anderen Welt.
Und dann, mit einem leisen Sausen, schwebte etwas ein paar Meter über seinem Kopf! Es war... er konnte es nicht mal in Worte fassen. Es erinnerte ihn an den Holzschlitten, den Tim als kleiner Junge gehabt hatte, und mit dem er so gerne die Hügel hinuntergesaust war. Nur viel größer war dieser Schlitten! Viel größer, und bot viel Platz für allerlei Krimskrams. Und natürlich war er nicht einfach aus Holz, schlicht und schmucklos, sondern in dunklem, weichem Blau mit silbernen Verzierungen.
Und dann vernahm Sammy ein Kratzen, ein Knirschen und Schaben, und der Schlitten war gelandet. Direkt neben ihm.

"Na, alter Junge, was machst du hier so allein in dieser klaren Nacht?" fragte eine knarzige, uralte Stimme.
Kleine Hände streichelten über Sammys Kopf.
"Ich habe meine Familie verloren," sagte Sammy traurig. "Sie wollten nur Rast einlegen, aber als ich zurückkam, waren sie weg. Das ist schon eine ganze Weile her, und ich vermisse sie sehr."
"Hmmm..." brummte der kleine Mann in seinen schlohweißen Bart. "Das ist aber nicht schön. So kurz vor Weihnachten seine Familie zu verlieren, das ist schon wirklich sehr hart." Er nickte, als wüsste er genau, wovon er sprach.
"Ich bin übrigens Urwi. Ich bin der Weihnachtsmann-Wichtel. Ich hatte mal einen anderen Namen, aber das ist so lange her, das ich mich nicht mehr an ihn erinnern kann. Alle nennen mich Urwi, weil ich ein uralter Wichtel bin. Und wie ist denn dein wehrter Name, alter Freund?"
"Ich bin Sammy," sagte dieser erstaunt über das, was ihm der kleine Mann erzählte.
Urwi trug schlichte, dunkelbraune Kleider, und ebenso schlichte, dunkelbraune Schuhe. Außer, das er einen langen, weißen Bart hatte, erinnerte Sammy so gar nichts an ihm an die Wichtel, die man aus den Filmen kannte. Er hatte auch keine spitzen Ohren, soweit er erkennen konnte. Nur einen kleinen Hut. Es war ein sehr seltsam geformter Hut, weder spitz noch hoch, nicht lang und auch nicht verschnörkelt. Auch hatte er kein Glöckchen oder einen Zipfel. Es war einfach ein kleiner Hut.
Urwi lachte bei Sammys prüfendem Blick.
"Ja, alter Freund, der Hut dient nur dazu, meine kahl werdenden Stellen abzudecken. Aber was am Kopfe weniger wird, wächst umso mehr an anderen Stellen!" lachte er und strich sich mit beiden Händen durch den Bart.
"Der Weihnachtsmann-Wichtel?" fragte Sammy schließlich, nachdem er sich gefangen hatte.
"Ja, und nicht einer, sondern der!" sagte Urwi stolz und nickte bestätigend.
"Und warum bist du jetzt hier?" wollte Sammy wissen.
"Nun," begann Urwi und sah betreten auf seine Schuhe, "ich teste einige Tage vor Weihnachten den Schlitten. Das ist eine meiner wichtigsten Aufgaben. Immerhin muss alles wie geschmiert laufen, wenn der Große an Heiligabend die Gaben austeilt. Jeder will beschenkt sein, und alles muss wie am Schnürchen laufen."
Er machte eine kurze Pause, in der er Sammy über den Kopf fuhr.
"Heute aber hat es nicht so reibungslos geklappt, wie es sollte. Der magische Staub wollte wohl nicht so, wie ich es gerne hätte." Urwi lachte und hielt sich den Bart. "Und so bin ich hier zwischengelandet, um alles noch ein wenig zu justieren."
"Und jetzt kehrst du wieder nach Hause zurück?" fragte Sammy ein wenig traurig.
"Ja, jetzt mache ich Feierabend. Aber, alter Freund, wie wäre es denn, wenn du mich begleitest? Ich möchte wetten, du hast noch nie das Weihnachtsdorf gesehen... außer im Fernsehen?!"
Urwi lachte herzlich auf, und Sammy wedelte erfreut mit dem Schwanz. Doch dann hielt er inne.
"Und was ist mit meiner Familie?"
"Ich mach dir einen Vorschlag, alter Freund," sagte Urwi und legte Sammy den Arm auf den Rücken, während sie zum Schlitten schlenderten, "schau dir unser Weihnachtsdorf ein wenig an, und dann sehen wir weiter."
Sie waren fast gleichgroß so nebeneinander, so groß war Sammy - oder so klein war Urwi. Sammy genoss es, endlich mal mit jemandem auf Augenhöhe sprechen zu können. Es war doch anstrengend, den Kopf so oft hochzuhalten, jetzt, wo er in die Jahre gekommen war.
"Also gut, ich werde dich begleiten," antwortete Sammy mit einem entschlossenen Nicken. "Aber ich fahre nicht gern Auto!"
"Aber dies ist ein Schlitten, alter Freund, das ist gar kein Vergleich! Lass' dich überraschen, es wird dir bestimmt gefallen!" Urwi lachte und bat Sammy, neben sich Platz zu nehmen.

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